Dienstag, 10. Mai 2016, 19:30 Uhr
Abonnementkonzert der Stadt Villach
Bambergsaal, Parkhotel Villach
Helmut Stiegler: | Violine |
Gerda Anderluh: | Violoncello |
Christoph Hofer: | Akkordeon |
Ein sehr abwechslungsreiches Programm mit Werken der letzten 75 Jahre präsentiert das aoide-Trio bei diesem Konzert. Der Ernsthaftigkeit und Melancholie der Trios von Schostakowitsch und Timo-Juhani Kyllönen werden jeweils die Frische und Lebendigkeit des Tango Nuevo Astor Piazzollas sowie des Jazzrock von David Balakrishnan gegenübergestellt.
Timo-Juhani Kyllönen, geboren 1955 in Saloinen, ist ein finnischer Akkordeonist, Dirigent und Komponist mit einem ausgeprägten spirituellen Sendungsbewusstsein. Er sieht sich selbst als Transmitter von positiver kosmischer Energie, welche Tugenden wie Rechtschaffenheit und Wahrhaftigkeit in die chaotische Welt von heute bringt.
Sein Trio n:o 1, komponiert 1987, erinnert formal sehr an Beethovens Umgang mit kleinen Motiven, die sich im Wechselspiel der Instrumente verdichten, verwandeln und sich als Bausteine zu einem großen musikalischen Bogen zusammenfügen. Eine Metapher für die kosmische Ordnung, die sich aus dem Chaos formt.
Insgesamt ist die Komposition in der Form und Instrumentierung klassizistisch angelegt mit einer zwar atonalen, aber dennoch sehr melodiösen, sängerischen Stimmführung.
Astor Piazzolla schrieb "Verano Porteño" (Sommer in Buenos Aires) 1964 als Eröffnung des Balletts "Concierto del Angel". Erst Jahre später hat er diesen Satz zu einem ganzen Zyklus "Las Cuatro Estaciones Porteñas" (Die Vier Jahreszeiten) ergänzt. Dass er sich dabei schon von Anfang an auf den Zyklus von Vivaldi bezogen hat, zeigt das Zitat aus dessen "Winter" am Ende des "Verano" (den entsprechend verschobenen Jahreszeiten auf der südlichen Hemisphäre Rechnung tragend).
1969 hat er mit dem "Otoño Porteño" (Herbst in Buenos Aires) den zweiten Teil vollendet. In "Las Cuatro Estaciones Porteñas" vereint Piazzolla Stilelemente verschiedenster Herkunft: Die typischen Rhythmen und Harmonien des argentinischen Tangos gestaltet er mit den Kompositionstechniken der neuen europäischen Musik und verbindet sie mit Elementen des Jazz.
dem Andenken von Iwan Iwanowitsch Sollertinskij
„Das Unglück, das mich traf, als ich vom Tode Iwan Iwanowitschs erfuhr, kann ich nicht in Worte fassen. Er war mein nächster und teuerster Freund. Meine ganze Entwicklung verdanke ich ihm. Ohne ihn zu leben wird mir unerträglich schwerfallen..."
Diese Worte Schostakowitschs in einem Brief an Iwan Sollertinskijs Frau lassen erahnen, wie sehr ihn der überraschende Tod seines einundvierzigjährigen Freundes getroffen hat. Als er den Brief absendet, hat er bereits den ersten Satz des Klaviertrios beendet, mit dem er seiner Trauer und Verzweiflung auf seine sehr persönliche Art Ausdruck verleiht.
Der zweite Satz unterbricht die tragische Grundstimmung des Werkes jäh mit einem heftigen und bravourösen Ausbruch voll Energie und Ironie. „Dieser Satz ist ein verblüffend genaues Portrait Iwans, den Schostakowitsch so gut verstand wie sonst keiner. Das ist sein Übermut, seine Polemik, sein Tonfall, seine Art, immer wieder auf ein und denselben Gedanken zurückzukommen und ihn weiter zu entwickeln... Wenn ich diesen Satz des Trios höre, steht mein Bruder leibhaftig vor mir..." beschrieb Sollertinskijs Schwester diesen Satz.
Im dritten Satz kehrt die tragische Stimmung zurück, jedoch ist die Verzweiflung des ersten Satzes einer nach innen gekehrten, tiefen Trauer gewichen. Im Schlusssatz verallgemeinert Schostakowitsch die persönliche Trauer um seinen Freund und bezieht mit dem Thema eines jüdischen Volksliedes, das er später in seinem dem Gedächtnis der Opfer des Faschismus und des Krieges gewidmeten 8. Streichquartett wieder aufgreift, wohl auch schon sein Entsetzen über die Ermordung der Juden durch Hitler und Stalin mit in das Werk ein, die zu dieser Zeit gerade bekannt werden.
„Ich glaube zu verstehen wodurch sich das jüdische Melos unterscheidet. Die lustige Melodie ist hier auf traurigen Intonationen aufgebart. Das Volk ist wie ein Mensch - warum singt es ein fröhliches Lied? Weil das Herz traurig ist.“ Dieser Ausspruch Schostakowitschs beschreibt wohl am besten die Mischung von sardonischer Heiterkeit und tiefer Traurigkeit, Ironie und Zerissenheit, die auch diesen letzten Satz prägt.
Skylife ist ein rockiges Stück, das David Balakrishnan für die gleichnamige CD des von ihm gegründeten Turtle-Island-Quartett komponiert hat, dem ersten Streichquartett, das sich völlig dem Jazz verschrieben und damit eine neue Tür für diese klassische Kammermusikbesetzung aufgestoßen hat. In seinen Kompositionen kombiniert Balakrishnan Jazz mit Stilelementen klassischer europäischer und indischer Musik sowie amerikanischer Folklore.